Wie entsteht ein Rebstock, den ein Winzer pflanzt?
Lisa Luckert2023-01-21T15:24:09+01:00Habt ihr euch schon mal gefragt, wie ein Rebstock entsteht, den der Winzer draußen im Weinberg pflanzt? Mit dieser Frage habe ich mich heute für euch befasst.
Mein Opa ist ehemaliger Rebschutzwart und Rebveredler, somit sitze ich quasi an der Quelle des Wissens.
Man mag es kaum glauben, aber schon in der Antike wussten die Winzer, wie man Reben veredelt. Früher hat man aus Wildreben neue gezüchtet – heute gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten, diese haben sich unter anderem entwickelt durch den starken Reblausbefall Anfang des 19. Jahrhunderts.
Die Reblaus wurde durch Reben aus Amerika nach Europa eingeschleppt, wo sie sich rasant ausgebreitet und für große Schäden im Weinbau gesorgt hat.
Besonders schlimm ist die sogenannte Wurzelreblaus, diese sorgt dafür das die Leitgewebe der Wurzeln zerstört werden und somit ein Wasser- und Nährstoffmangel entsteht, die dann zu einem absterben der Rebe führt.
Die Blattreblaus, eine weitere Variante verursacht hingegen nicht ganz so extreme Schäden. Nur bei einem sehr starken Befall, kann diese Auswirkungen auf das Wachstum haben.
Weshalb man sich hier große Gedanken darüber gemacht hat, wie man die Reblaus am besten bekämpfen kann und hat somit reblausresistente Unterlagen gezüchtet. Dies hat dazu geführt, dass sich der Bestand, der Wurzelreblaus immer und immer mehr verkleinert hat, sodass man Sie heute kaum noch finden kann.
Doch wie werden Sie nun heute gezüchtet?
Variante eins ist die Standortveredelung hier wird die Unterlage direkt in den Weinberg gepflanzt, um dort dann mit der gewünschten Rebsorte veredelt zu werden. Die Unterlage ist immun gegen die Reblaus, aber wenn diese austreibt, werden die Triebe sehr eng am Stamm abgeschnitten, da sie keine Früchte trage können.
Variante zwei ist die Tischveredelung hier werden beide Pfropfpartner (Pfropfpartner eins ist die Unterlage; Pfropfpartner zwei ist der Edelreiser*) miteinander durch den sogenannten Omegaschnitt** verbunden und anschließend in Wachs getränkt, um die Veredelungstelle zu versiegeln und somit ein Verrutschen oder gar herausrutschen einer der beiden Partner zu vermeiden bis sie fest miteinander verwachsen sind.

Anschließend gibt es auch hier mehrere Möglichkeiten mit der veredelten Rebe weiter zu verfahren.
1. Möglichkeit
Die Reben werden eingeschult in einen tiefgründigen Boden mit einem hohen Humusgehalt. Dauer 1-2 Jahre
2. Möglichkeit
Man topft sie in einen guten humusreichen Boden ein. Dauer 1 Jahr schneller, wie bei Möglichkeit eins
3. Möglichkeit
Das veredelte Endprodukt wird in einen großen Topf/Wanne mit viel Platz gelegt und lässt diese dort wurzeln ziehen. Diese Möglichkeit ist die schnellste.
Bei allen drei verbleiben die Reben solange dort bis sie fertig für den Verkauf sind. Hier fallen das Jahr über selbstverständlich wie beim “normalen“ Weinbau auch einige Pflegearbeiten an, wie zum Beispiel Pflanzenschutz gegen Pilzkrankheiten oder das einstutzen der Rebe, um nur zwei der vielen Arbeiten zu nennen.
Heute werden nicht nur reblausresistente Unterlagen gezüchtet, sondern was über die Jahre immer wichtiger geworden ist und alle Winzer in ganz Deutschland letztes Jahr sehr hart zu spüren bekommen haben sind Pilzkrankheiten, wie Peronospora (falscher Mehltau) oder auch Oidium (echter Mehltau). Aus diesem Grund hat man sich erneut mit dem Thema beschäftigt und hat eine Züchtungsart entwickelt, welche pilzwiderstandsfähige Rebsorten auch PIWIs genannt, hervorgebracht hat.
Wenn Ihr mehr über PIWIs erfahren wollt, dann lest meinen Artikel über PIWIs.
*Ein Edelreis ist ein wenige Zentimeter langes Teilstück einer Rute einer Edelsorte.
** Beim Omegaschnitt handelt es sich um eine Transplantation eines Pflanzenteiles (Edelreis) auf den Wurzelteil (Unterlage).